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Sonarworks True-Fi

Linearisierung-Software für Kopfhörer

Kurz & knapp

True-Fi von Sonarworks verfolgt einen interessanten Ansatz, der Musikliebhabern und Tonschaffenden den Klanggenuss mit Kopfhörern versüßt. Ein kompatibles Modell vorausgesetzt, kann sich der Kauf absolut lohnen, hängt aber auch von der Qualität des Kopfhörers selbst ab. Ein Testlauf mit der Trialversion oder der derzeit kostenlosen App sei daher unbedingt empfohlen. Als Alternative könnte man am Rechner für einen Aufpreis von 20 Euro auch zur Reference 4 Headphone Edition (Partnerlink) des gleichen Herstellers greifen. Dort gibt es zusätzlich etwa eine Plug-in-Funktion für die Musikproduktion, speicherbare Klanganpassungen sowie (als kostenpflichtiges Upgrade) eine Simulation unterschiedlicher Lautsprecher.

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True-Fi widmet sich der anspruchsvollen Aufgabe, die Schwächen von Kopfhörern automatisch per Software zu kompensieren und damit den Höreindruck zu verbessern. Das hört sich zweifelsfrei spannend an. Was möglich ist, soll der folgende Test zeigen.

Lautsprecher und entsprechend auch Kopfhörer sind konstruktionsbedingt in aller Regel keine linearen Wandlersysteme. Insbesondere, wenn der technische Aufwand budgetbedingt begrenzt wurde, sind die Ergebnisse eigentlich nie ideal.

Über eine elektronische oder digitale Frequenzgangentzerrung ist es prinzipiell allerdings möglich, Fehlern im Frequenzgang kompensativ entgegenzuwirken. Tatsächlich passiert das auch in nahezu allen Systemen, die mit einer aktiven Elektronik arbeiten, etwa bei Systemen mit drahtloser Übertragung. Dabei wird der Sound also herstellerseitig verbessert, teils aber auch plakativ aufgemotzt. Bei passiven Systemen ist dies hingegen so nicht möglich. Allerdings kann eine entsprechende Korrektur auch hinter der Signalquelle erfolgen. Genau das tut die hier vorgestellte Software True-Fi, die sich global in den Treiber zur Tonausgabe am Rechner (Windows, macOS) einklinkt.

Im Wissen um die Schwächen des Wiedergabegeräts führt True-Fi dabei eine Korrektur des Frequenzgangs mit dem Ziel einer Linearisierung durch, ehe das Signal an den Ausgang und damit an den Kopfhörer weitergeleitet wird.

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Seit einiger Zeit steht True-Fi zudem auch in einer Early-Access-Version für iOS und Android zur Nutzung auf Smartphones und Tablets bereit. Es handelt sich um eine zeitlich begrenzte Public Beta, die bis in den Herbst 2019 kostenlos genutzt werden kann. Hier kann man auf seine lokal gespeicherten Musikdateien in den gängigen Formaten zugreifen, wobei unter iOS künftig sogar Abtastfrequenzen bis 96 kHz unterstützt werden sollen. Hinzu kommt eine Unterstützung von Spotify Premium, nicht jedoch Apple Music.

Was wird korrigiert?

Digitale Systeme bieten inzwischen umfassende Möglichkeiten der Klangkorrektur. So gibt es kaum Begrenzungen hinsichtlich der Anzahl der Bänder, deren Bandbreite und Phasenverhalten. Sonarworks nutzt dabei sogenannte „Minimal Phase FIR-Filter“. Gute Voraussetzungen für einen Erfolg!

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True-Fi widmet sich explizit der Frequenzgangkorrektur, während das Phasenverhalten unbeeinflusst bleibt, was bei Kopfhörern mit multiplen Treibern durchaus auch eine Rolle spielt. Auch eine Simulation von Lautsprechern mit Übersprechen der Kanäle wird hier nicht angestrebt.

Geschmacksabhängig lassen sich zwei Parameter anpassen. Im Höhenbereich greift eine variable Anhebung, die Abfällen des Hörvermögens im Alter pauschal entgegenwirken soll. Dabei lässt sich neben dem Grad der Anhebung auch das Alter und das Geschlecht wählen. Zusätzlich lässt sich der Bassbereich um bis zu ±8 dB anheben oder absenken.

Grundsätzlich folgt aus dem Produktansatz, dass die jeweilige Korrektur nur für spezifische Kopfhörer gelten kann. Entsprechend bietet True-Fi drei Möglichkeiten:

  1. Man wählt das gewünschte Modell aus einer umfangreichen Liste gängiger Produkte, derzeit über 330 Modelle, kabelgebunden und mit Bluetooth-Übertragung. Hier greift der Hersteller auf gemittelte Messungen von Standardmodellen zurück.
  2. Man schickt seinen eigenen Kopfhörer ein, der individuell gemessen wird. Das so ermittelte Korrekturprofil wird später per Nummerncode aufgerufen. In diesem Modell werden also individuelle Toleranzen berücksichtigt, wodurch sich, laut Hersteller, die Präzision der Korrektur von ±3 dB auf ±0,9 dB verbessert. Der Preis für Service beträgt circa 150 Euro inklusive Versand.
  3. Man erwirbt ergänzend zur Software einen bereits gemessenen Kopfhörer bei Sonarworks im Sinne einer Komplettlösung. Leider fallen die Verkaufspreise signifikant teurer als im Fachhandel aus, selbst wenn man die Kosten für den Einmess-Service hier einberechnet.

Praxis

Beim reinen Musikgenuss braucht man auf Rechner und Smartphone eigentlich nur sicherstellen, dass die Software mit aktivierter Klangkorrektur im Hintergrund läuft beziehungsweise als dedizierter Player genutzt wird. Dabei lässt sich jederzeit zwischen ungefilterter und korrigierter Version umschalten.

Dem App-Player mangelt es derzeit noch an Bedienkomfort bei der Titelsortierung. Hingegen erfolgte die Musikwiedergabe auf meinem Mac-Testrechner anstandslos über iTunes. Es gab lediglich gelegentliche Probleme bei der Klangausgabe aus professionellen Audioanwendungen, die nicht immer mit dem Sonarworks-Treiber im Signalweg zufrieden waren. Für dieses Einsatzgebiet offeriert Sonarworks allerdings auch eine größere Version namens Reference 4 Headphone Edition (Partnerlink) mit erweitertem Funktionsumfang.

Schließlich sollte man natürlich auch aufpassen, den Treiber nur in Kombination mit dem Kopfhörer zu nutzen. Eventuelle Lautsprecher, die an den Rechnerausgängen betrieben werden, würden andernfalls in ihrer Frequenzkurve verfälscht.

Klang

Ich war gespannt auf die Ergebnisse des Systems, denn selbst wenn elektronische Korrekturen auf der Frequenzebene sinnvoll sein dürften, so lässt sich die Physik der Treiber und der Gehäusekonstruktion natürlich nicht beeinflussen. Gleichzeitig war ich skeptisch, inwieweit gewollte Abstimmungen seitens des Herstellers sowie schützende Begrenzungen, etwa im Bass ungewollt verändert werden.

Für den Test zog ich vier Probanden heran. Den Anfang machte Sonys explizit günstiger MDR-V150 in einer individuell profilierten Version. Hier war die Überraschung groß, denn im Bereich der Bässe und unteren Mitten wurden Überbetonungen wirksam entfernt. Das Klangbild wurde im Direktvergleich deutlich aufgeräumter. Faktisch wurde der Bassbereich überhaupt erst vernünftig umgesetzt, was die Kontur und Tonalität betraf. Gleichzeitig wirkte sich dieses Aufräumen auch spürbar auf die anderen Frequenzbereiche aus. So gewann der Hörer in den höheren Frequenzen an Offenheit und löste das Stereopanorama besser auf. Im Vergleich dazu klang das ungefilterte Signal regelrecht matschig und dumpf. Dennoch: Ein guter Kopfhörer wurde aus dem MDR-V150 hingegen nicht. Es folgte ein ebenfalls bei Sonarworks vermessener Marshall Monitor. Auch hier ist die Klangverbesserung drastisch – am Rechner und der App! Das unkorrigierte Signal wirkt dumpf und weniger definiert, während die korrigierte Version deutlich konturierter, luftiger und detailreicher daherkommt. Diese Bewertung betrifft den gesamten Frequenzbereich vom Tiefbass über den zentralen Mittenbereich mit Stimmen oder akustischen Instrumenten wie Flügel bis hinauf zum Topend. Das Klangbild wird regelrecht umgekrempelt, gleichzeitig im Ergebnis aber nicht unbedingt geschönt. Vielmehr sind Schwächen der Aufnahme und der Konstruktion sogar klarer erkennbar.

Zugegeben: Ich habe Betrug gewittert und True-Fi erst einmal treiberseitig deaktiviert, nur um festzustellen, dass die Originale wirklich so „mittelmäßig“ klingen. Kurz gesagt: Es gibt eigentlich keinen Grund, auf die neutrale Hörsituation zurückzuschalten. Damit hätte ich nicht gerechnet.

Als Nächstes kam mein geschätzter Sennheiser HD 660 S (zum Test) zum Einsatz, der sich in der Liste kompatibler Geräte befindet. Hier stellte sich ein anderer Höreindruck ein. Eine reine Flügelkomposition klang nahezu unverändert. Deutlicher wurden die Unterschiede bei üppigeren Produktionen. Hier veränderte True-Fi die gelungene Abstimmung eher dezent im Bassbereich und, aufgrund der leicht aktivierten gewählten Altersanpassung, auch im Höhenbereich. Auch rückte bei Hörbeispielen im Bereich Rock oder EDM der zentrale Mittenbereich und das Druckzentrum etwas nach vorn. Das Ergebnis klang etwas offener, während das Original eher wärmer tönte. Im wiederholten Direktvergleich würde zumindest ich mich dabei zumeist für die korrigierte Version entscheiden, da diese den stimmigen Charakter erhält und einen Zugewinn an positiver Schlankheit mit sich bringt. Allerdings hat eine solche Bewertung immer auch etwas mit der Wiedergabelautstärke zu tun (Stichwort „Fletcher-Munson-Kurve“). In eine vergleichbare Richtung geriert schließlich die Korrektur des AKG K702 (zum Test), für den ich die iOS-App zur Bewertung heranzog. Die Unterschiede zwischen Originalausgang und Korrektur fallen auch hier eher dezent aus und wirken sich vorrangig auf den Bassgehalt und das Stereopanorama aus.

vor 5 Jahren von Ulf Kaiser
  • Bewertung: 4.13
  • Sound
  • Handling
  • Preis/Leistung
  • Funktion

Technische Daten

  • BauformSoftware

Lieferumfang

  • kein Zubehör

Besonderheiten

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