Grell OAE1

Der Name des Grell OAE1 verweist auf das „Open Around Ear“-Konzept, dass der Hersteller bei diesem offenen, ohrumschließenden Kopfhörer verfolgt. Seine Treiber sind nämlich nicht wie üblich seitlich, sondern schräg vor dem Ohr positioniert. Das soll einen Klangeindruck erzeugen, der demjenigen ähnelt, wenn sich eine Schallquelle vor dem Anwender befindet, ganz so wie beim Musikhören per Lautsprecherpaar oder bei einem Live-Konzert. Wie das klingt und wie sich der OAE1 in der Praxis schlägt, erfahrt ihr in diesem Review.

Überschaubares Zubehör

Der Grell OAE1 wird in einem Karton ausgeliefert, in dem der Kopfhörer passgenau in einem schwarzen Pappbett liegt. Ein wechselbares silberbeschichtetes OFC-Kabel gibt es dazu. Es wird per 2,5-mm-TRRS-Stecker wahlweise in eine der beiden Hörschalen eingesteckt. Auch ein Schraubadapter von 3,5-mm-Klinkenstecker auf 6,35-mm-Klinkenstecker liegt bei. Der OAE1 unterstützt sowohl einseitige als auch doppelseitige Kabelführung. Dadurch wird er mit einem optionalen weiteren Y-Spleiß-Kabel in der Anwendung umso flexibler. Zu guter Letzt gehört ein großes Faltblatt aus leichter Kartonage zum Lieferumfang, das Sicherheitshinweise bietet und als bebilderte Bedienungsanleitung dient. Wünschenswert wäre im Lieferumfang noch ein einfacher Transportbeutel gewesen.

Prämiertes Design – langlebige Materialien

Form- und Farbgebung des Grell OAE1 sind ebenso modern wie schlicht. Auf gestalterischer Ebene dominieren bei ihm Kreise und Abrundungen. Sie finden sich von der Form der Hörschalen und Ohrpolster, über die Löcher der Rückseiten und umlaufenden Ränder der Hörschalen bis hin zum Querschnitt von Kopfbügel und Haltearmen. Im Zusammenspiel mit der vollständig in Schwarz und Silber gehaltenen Farbgebung entsteht so eine sehr homogene Optik. Es verwundert deshalb nicht, dass der OAE1 mit einem Design-Award ausgezeichnet wurde.

Die Materialien des Grell OAE1, wie Zink und Stahl, garantieren Leichtigkeit, Stabilität und Langlebigkeit. Die Fläche des die Hörschalen umgebenden und abschließenden Edelstahl-Meshgitters ist zu 90 % offen, was maximale Schalldurchlässigkeit garantieren soll. Alle Komponenten sind modular aufgebaut und können vom Nutzer selbst ausgetauscht oder repariert werden.

Hohe Lautstärke über ein großes Spektrum

Die Biozellulose-Treiber des Grell OAE1 sind im Inneren der Hörschalen angewinkelt angebracht. Das soll unerwünschte Reflexionen minimieren und für ein natürliches Stereobild sorgen. Der breit aufgestellte Frequenzgang des Kopfhörers reicht von tiefen 12 Hz bis zu 32 kHz in den Höhen. Die vom Hersteller angegebene Impedanz des Kopfhörers beträgt 38 Ohm. Somit eignet er sich auch gut für Laptops, Smartphones, PCs und ähnliche Geräte. Sein Schalldruckpegel von 106 dB SPL macht ihn zu einem recht lauten Tool. Wobei sein Klirrfaktor mit 0,05 % für seine verzerrungsarme Wiedergabe spricht.

Sicherer Sitz und flexibler Anschluss

Beim Aufsetzen des Grell OAE1 zeigt sich die Größenanpassung seines Kopfbandes schwergängig. Hier muss mit beiden Händen justiert werden. Ist die passende Größe einmal eingestellt, behält er diese dafür aber zuverlässig bei. Bei welcher Seite des Kopfhörers es sich um die rechte oder die linke handelt, ist aufgrund seiner asymmetrischen Bauweise, mit ihren versetzt angebrachten Treibern entscheidend. Große Buchstaben in den Hörschalen geben deshalb einen klaren Hinweis. Ohne Kabel wiegt der Kopfhörer gerade einmal 381 g. Dementsprechend benötigt er einen lediglich moderaten Anpressdruck, um sicher zu sitzen. Die Ohrpolster seiner Hörschalen fangen einen guten Teil dieses Druckes ab, sodass mit ihm auch längere Hörsessions angenehm bleiben. Das offene Mesh-Design verhindert Hitzestau in den Hörschalen.

Seine Kabellänge ist mit ca. 1,77 m so gewählt, dass sie für den HiFi-Einsatz gerade lang genug ist und für den halb-mobilen Einsatz im Hotelzimmer oder auf der Couch noch nicht zu lang, als dass allzu viel Kabel verstaut werden müsste. Dadurch, dass das Kabel wahlweise links oder rechts eingesteckt werden kann, ist der Kopfhörer gleichermaßen für Rechts- und Linkshänder geeignet und für den flexiblen Einsatz in verschiedenen Hörumgebungen gerüstet. Nicht zuletzt lassen sich die Hörschalen des Kopfhörers um 90 Grad drehen. Dadurch ist er platzsparender zu verstauen.

Natürlicher Klang mit warmem Grundton

Der Klang des Grell OAE1 ist gewöhnungsbedürftig. Damit meine ich, dass man sich bei diesem Kopfhörer unbedingt einhören muss, weil sein Klangprofil sich deutlich von demjenigen anderer Kopfhörer unterscheidet. Sein Sound ist geprägt von sehr dezenten Höhen. Das betrifft auch den Superhochtonbereich, der beim Anhören so mancher Audioproduktion nur zu erahnen ist. Zischlaute werden rasiermesserscharf wiedergegeben, wenngleich ihnen aber zum Glück eine hochfrequente Begleitung fehlt. Darüber hinaus ist der Frequenzbereich von Stimmpräsenz bei Sprache und Gesang stark ausgeprägt, sodass sich diese gut durchsetzen und prägnant klingen. Bei Musik mit stark ausgeprägten Mittenfrequenzen, wie etwa Rock und Metal, sind Gitarren stark und schneidend im Vordergrund. Die subjektive Beschreibung der Bässe fällt mir beim OAE1 schwer. Sie sind eher breit aufgestellt als pointiert. Der Tiefbassbereich ist gut wahrnehmbar vorhanden und tritt für einen offenen Kopfhörer überraschend kompakt auf.

Der Stereoeindruck des OAE1 liefert eine natürliche Klangbühne, wenngleich ich deren Breite subjektiv nicht als besonders groß empfinde. Aufgrund seines Klangprofils ist die subjektive Signalauflösung zwar detailliert abbildend. Um sie aber als „fein“ einzustufen, fehlen die für mich in der Wahrnehmung erforderlichen begleitenden Höhenanteile. In Sachen Dynamik ist der Pinselstrich des Grell OAE1 eher breit als akzentuiert. Das betrifft Transienten, wie im Fall von Kickdrums. Hier dominieren Bassanteile, was dem hörbaren Impuls eine gewisse Trägheit verleiht. Die Wiedergabe stark dynamischer Klassik wirkt mit ihm deshalb wenig lebendig. Die klanglichen Stärken dieses Kopfhörers liegen schlichtweg in seiner Zurückhaltung.

An dieser Stelle ist eine kurze Erläuterung zur subjektiven Bewertung und Benotung des Klangs nötig, die mir in diesem Fall beide schwerfallen. Denn das Soundprofil des OAE1 ist sehr speziell und richtet sich an eine ganz bestimmte Hörerschaft. Für mich persönlich spielt jedoch in die Note einer Bewertung stets auch hinein, dass sie eine allgemein betrachtende Komponente hat, die eine gewisse Vergleichbarkeit mit der Konkurrenz ermöglichen soll. Und auf eben diese Vergleichbarkeit zahlt für mich auch die Passung des Testkandidaten an die Erwartungshaltungen potenzieller Kunden ein, die vom OAE1 das ein oder andere Mal nicht getroffen werden dürften – so meine Vermutung.

Fazit

Beim Grell OAE1 haben wir es mit einem offenen Over-Ear-Kopfhörer mit einem gewöhnungsbedürftigen Klangbild zu tun, auf das sich der Hörer selbst aktiv einlassen muss. Das Klangbild, das seine angewinkelten Treiber erzeugen, ist natürlich und geprägt von einem warmen Grundton mit sehr zurückhaltenden Höhenanteilen und eher breit als pointiert angelegten Bässen. Er kann mit hohem Tragekomfort punkten und ist aufgrund seines modularen Aufbaus servicefreundlich und entsprechend langlebig. Die Größenverstellung ist allerdings ein wenig schwergängig und sein Lieferumfang beschränkt sich auf das Wesentliche.

Unter dem Strich ist der Grell OAE1 ein Kopfhörer für natürlich klingenden Musikgenuss in ruhigen Räumen, wie Wohnzimmer oder Hotelzimmer. Aufgrund seines Klangprofils eignet er sich vor allem für den Genuss alter Bar-Jazz-Aufnahmen, Blues-Tracks und ähnlich relaxten Musikstilen. Mit Blick auf seine innovative Technik, den hochwertigen Materialien und Verarbeitung sowie seinem feinen Design ist das Preis-Leistungs-Verhältnis für mich angemessen. Denn wer für die Kopfhörerwiedergabe genau diesen speziellen Klang des OAE1 sucht, wird nur wenig Konkurrenz finden. Erhältlich ist der Grell OAE1 ausschließlich über die E-Commerce-Plattform drop.com.