Out of the box liefern die neuen Libratone Air+3 ein stimmiges Gesamtpaket, das bei genauerer Betrachtung einige Schwächen offenbart. Während Noise Cancelling und Tragekomfort absolut praxistauglich sind, konnten uns die stylishen Vögelchen aus Dänemark klanglich und bei der Bedienung nicht zu hundert Prozent überzeugen.
- Noise Cancelling
- Verarbeitung
- Tragekomfort
- Klang
- Bedienung
- Codec-Auswahl für iOS-User
Die Libratone Air+ 3 kommen im umweltfreundlichen, aufreißbaren Karton ohne Folien, ohne Plastik, und auch die kleine Umverpackung des Lade-Cases ist laut Hersteller aus biologisch abbaubaren Pflanzenfasern hergestellt. Vier Paar Ohrpassstücke aus Silikon sowie ein USB-C-auf-A-Ladekabel liegen ebenfalls bei.
Verarbeitung der Air+ 3
Im Vergleich zu ihren Vorgängern sind die Libratone Air+ 3 an den Stielen etwas schlanker, folgen aber sichtlich dem skandinavischen Design, welches Libratone in ihre Produkte einfließen lässt. Das Auftreten sowie die Verarbeitung vermitteln einen gewohnt wertigen Eindruck.
So gut ist der Tragekomfort
Die Ohrstöpsel selbst sind nach IP54 schweiß- und spritzwassergeschützt, das Case selbst weist keine Zertifizierung auf. Das heißt: Die In-Ears sollten stets trocken und sauber in die Ladevorrichtung eingelegt werden.
In Sachen Tragekomfort kann man nicht meckern, die mitgelieferten Ohrpassstücke sind allerdings eher flacher Natur, sodass die In-Ears nicht so tief in den Gehörgang gesteckt werden können. Daraus resultiert zwar ein recht sicherer Sitz, bei bewegungsreichen, schweißtreibenden Sportarten verändern sie aber leicht ihre Position, sodass sie nachgedrückt werden müssen – ein Umstand, den auch Mitbewerber betrifft. Wer hier im wahrsten Sinne des Wortes auf Nummer sicher gehen will, kann die flachen EarTips einfach gegen tiefere oder Schaumstoffstöpsel tauschen.
So lange hält der Akku der Air+ 3
Der Hersteller gibt eine Wiedergabezeit von bis zu sechs Stunden mit einer Ladung an, was wir in unserem Praxistest nicht erreicht haben. Das liegt an diversen Rahmenbedingungen wie Lautstärkepegel, ANC sowie Temperatur. Das Lade-Case bietet keine Schnellladeoption, wohl aber kabelloses Laden mit dann 24 Stunden Gesamtlaufzeit.
Bedienung der Air+ 3
Die Libratone Air+ 3 nehmen Befehle ausschließlich über ihre Touch-Flächen entgegen, wobei sie lediglich Doppel- und Dreifach-Tippen unterstützen. Das funktioniert sicher und ist recht komfortabel, wenn auch die Mehrfachklicks Geräusche auf das Trommelfell übertragen.
Beim Geraderücken der Hörer werden auf Grund des minimierten Angebots keine Befehle „versehentlich“ ausgeführt. Zwei Funktionen pro Seite sind uns für einen modernen Hörer jedoch zu wenig und es wäre schön gewesen, wenn der Hersteller wenigstens dem User die Wahl überlassen hätte, wie er was wann steuern möchte. Denn die klassischen Grundfunktionen Play, Pause, Lautstärke ändern, Track vor/zurück und ANC/Transparenzmodus schalten gehen hier nur mit einem zusätzlichen Griff zum Smartphone. Die dazugehörige Libratone App (s.u.) erlaubt zwar ein Ändern der Befehle, dennoch bleiben diese auf vier Möglichkeiten (zwei pro Seite) beschränkt.
Bluetooth und Codecs
Dank Bluetooth 5.2 geht ein Koppeln schnell vonstatten, leider setzt der Hersteller auf einen für iOS User ungünstigen Codec-Mix: mit SBC und aptX fehlen hochauflösende Codecs, und aptX unterstützen bekanntermaßen iPhones und iPads gar nicht.
Die Funkstrecke war über 15 Meter in geschlossenen Räumen stabil und wir konnten keine Drop-outs feststellen.
Nicht mehr zeitgemäß wirkt auch das Fehlen von Multipoint, also der gleichzeitigen Verbindung mit zwei oder drei Endgeräten. Dennoch hält der Hersteller in der hauseigenen App eine Liste bereit, die es einem ermöglicht, relativ bequem zwischen den letzten fünf Zuspielern umzuschalten. Schön gelöst ist, dass App-Muffel dies auch per Tastendruck erledigen können. Befinden sich die Hörer im Case, dessen Deckel geöffnet sein muss, und drückt dann den Button auf der Rückseite des Lade-Etuis, kann ebenfalls eine von fünf Quellen ausgewählt werden. Der LED-Streifen auf der Vorderseite des Cases zeigt dann analog zur App die Verbindung farblich entsprechend an.
Durch das fehlende Multipoint kann man dann immer nur am jeweils aktiv verbundenen Device in der Libratone App Änderungen vornehmen.
Libratone App
Die für Android und iOS erhältliche App ist schick gestaltet, bietet aber lange nicht die Konfigurationstiefe, wie es ein Technics- oder LG-Produkt bietet.
Leider muss ich hier etwas ausholen: Um die App nutzen zu können, bedarf es einer Registrierung, was für einige sicherlich ein Manko darstellt. Der Hersteller begründet dies mit der Notwendigkeit, sprachlich passende Produkt-Updates ausliefern zu können. Ein Blick in die Datenschutzbestimmungen der App zeigt aber auch, dass Libratone noch eine Menge anderer Daten sammelt. Auch bestehe laut Hersteller eine der Hauptfunktionen der App darin, uns „mit personalisierten Audioinhalten zu verbinden, die auf unsere Hörvorlieben und Interaktionen mit den Apps basieren“. Da muss man sich natürlich fragen, welche personalisierten Audioinhalte das sein sollen. Denn die App selbst lässt ja nur eine Verwaltung der Kopfhörer zu. Liest man sich noch tiefer ein, zeigt sich, wie viel Libratone von uns eigentlich so sammelt.
Ein Blick beispielsweise in die Datenschutzbestimmungen der Smart Control App von Sennheiser beweist, wie man das für alle Seiten besser und v.a. vertrauenswürdiger machen kann.
Doch zurück zur App: Auf der Startseite lassen sich alle registrierten Libratone-Produkte einsehen und verwalten. Schön gelöst ist hier, dass der Akkustand der In-Ears und des Cases angezeigt wird. Ein Tap auf das aktive Produkt (hier natürlich die Air+ 3) zeigt die Hauptseite mit der Möglichkeit, das ANC stufenlos einzustellen und zwischen diesem, dem Transparenzmodus und einem Sportmodus, der Windgeräusche reduziert, umzuschalten.
Unter „Einstellungen“ definiert ihr die Belegung der Ohrhörer, wobei ganz cool ist, dass auch hier per Doppel- oder Dreifach-Tap zwischen den Zuspielern gewechselt werden kann.
Hier könnt ihr zudem das zuverlässig arbeitende Auto Pause Feature deaktivieren, den Akku optimiert laden lassen und u.a. auch Firmware Updates fahren.
Drei EQ-Presets finden sich hier ebenso, wobei das erste die neutrale Grundstellung bedeutet, während Preset 2 Bässe und Preset 3 die Höhen anhebt. Das ist uns mit Blick auf den Klang zu wenig.
Klang der Libratone Air+ 3
Zwar hat der Hersteller für Oktober ein Firmware Update angekündigt, das sich unter anderem um den Klang kümmern soll, allerdings scheint dieses zum Zeitpunkt dieser Testveröffentlichung noch nicht ausgespielt worden zu sein. Wir haben hier der Fairness wegen bis Ende Oktober mit einem Test gewartet, aber wir können den Klang nur im Istzustand bewerten, einem Nachtest steht dann zu gegebenen Zeitpunkt nichts im Wege.
Der Bass ist rund und warm, lässt allerdings Tiefbass vermissen und drängt sich nie in den Vordergrund. Die Mitten zählen ebenfalls nicht zu den präsentesten, sie lassen Stimmen zwar deutlich erkennen, detailfreudig sind sie aber nicht. Sie verschlucken auch gerne feine Details, sodass es – gepaart mit den Höhen – relativ dumpf und gedrungen klingt. Die Höhen wirken gedeckelt und lassen Brillanz und somit auch Luftigkeit vermissen. Das wirkt zwar stark der schnellen Hörermüdung entgegen, aber Akzente setzen können die Libratones so leider nicht.
Hätte man hier mit der App wenigstens die Möglichkeit, eine eigene Equalizer-Kurve zu erstellen, dann ließe sich sicherlich ein befriedigender Sound herauskitzeln. Aber mit lediglich zwei EQ-Presets, die Bässe oder Höhen anheben, kommt man leider nicht allzu weit.
Der Switch auf ein iPhone samt SBC-Codec verändert das Klangbild – leider zum Schlechteren. Details und Präzision gehen nochmals ein Stück weit verloren.
Leider kann ich mir nicht den Hinweis verkneifen, dass der Hersteller auf seiner Website von „High-Fidelity Sound“ spricht, dieses Versprechen aber so nicht einlösen kann. Ob und wann das angekündigte Update kommt, bleibt abzuwarten. Jedenfalls gibt es von Mitbewerbern wie Soundcore, Lypertek, Koss oder 1more günstigere Kopfhörer, die besser klingen, mehr Features besitzen und sogar ein per Hörtest personalisiertes Klangbild ermöglichen.
So effektiv arbeitet das Noise Cancelling und der Transparenzmodus
Das Noise Cancelling packt ordentlich zu und macht seine Sache sehr gut. Der Hersteller spricht von einem dreifach effektiveren ANC im Vergleich zum Vorgänger, was wir mangels diesen nicht verifizieren können. Das müssen wir auch nicht, denn hier kann man über die Leistung selbst nicht meckern. Tieffrequentes unterdrücken die Libratone Air+ 3 zwar nicht auf Apple AirPods Pro 2– oder Bose QuietComfort Ultra Earbuds-Niveau, aber auch die Mitten und Höhen erfahren eine deutliche Abschwächung. Sie kommen an die Upper-Class-Platzhirsche nicht heran, schaffen aber einen guten Ruheraum bei Zugfahrten oder überfüllten Plätzen. Das Grundrauschen nimmt mit abnehmender ANC-Reduzierung per App-Schieberegler zwar ebenfalls ab, dennoch ist es (bei voller Stärke) bei pausierter Wiedergabe, bei niedriger Lautstärke oder ruhigen Passagen in Klassikstücken deutlich zu hören.
Das ist bei Transparenzmodus übrigens auch so. Dieser klingt recht natürlich, dennoch ist er nicht so ausgeprägt und verstärkend, wie wir es beispielsweise von oben genannten Mitbewerbern kennen. Wir hatten am überfüllten Bahnsteig zwar keine Verständnisprobleme, mussten uns aber stärker auf die Durchsagen konzentrieren, als das bei Apple und Bose der Fall gewesen ist.
In punkto ANC liefern hier die Libratone Air+ 3 in der Preisklasse um die 150 Euro sehr solide ab.
Telefonieren mit den Libratone Air+ 3
Während Videokonferenzen hatten weder unsere Gegenüber noch wir selbst Probleme mit der Verständigung. Klar und deutlich haben wir und wurden wir gehört. In einem schwachen 5G-Netz klang unsere Stimme laut Gegenüber ein wenig „topfig“ und daher nicht ganz so klar, wie wir uns das gewünscht hätten.
Fazit
Die Libratone Air+3 sind gut verarbeitet, bequem zu tragen und sehen schick aus. Und auch das Noise Cancelling liefert ordentlich ab, was man vom Rest leider nur bedingt behaupten kann. Klanglich gedeckelt fehlt es an Spritzigkeit, was vielen Songs die Lebendigkeit nimmt. Hätte der Hersteller uns wenigstens einen einstellbaren Equalizer an die Hand gegeben oder einen adaptiven EQ eingebaut, aber zwei Presets sind uns da einfach zu wenig. Auch die limitieren Steuerungsmöglichkeiten auf zwei Funktionen pro Seite sind uns zu wenig. Das ist schade und man kann nur hoffen, dass Libratone per Update schnell nachliefert. Sollte sich klanglich etwas ändern, werden wir diesen Test selbstverständlich entsprechend updaten.
- 142,90 € *Zum Angebot
- 169,00 € *Zum Angebot
Technische Daten
- BauformIn-Ear
- Bauweisegeschlossen
- Wandlerprinzipdynamisch
- Audio-Übertragungsbereich (Hörer)20 - 20.000 Hz
- Schalldruckpegel (SPL)@1mW/1kHz: 113 dB
- Kabellänge30 cm
Lieferumfang
- 4 Paar Ohrpassstücke (S, M, L, XL)
- USB-C-auf-A-Ladekabel
- Lade-Case
Besonderheiten
- in Schwarz, Grün und Weiß erhältlich
- BT-Version: 5.2
- BT-Codec: SBC, aptX